Bayern in guter Verfassung?

03. September 2018

Betrachtet man den Text der Bayrischen Verfassung vom Dezember 1946, dann kann man obige Frage guten Gewissens bejahen (was Kritikpunkte nicht ausschließt). Trägt diese Verfassung doch teilweise richtiggehend sozialistisch anmutende Züge. „Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- und Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind der Allgemeinheit zugänglich zu machen.“steht da z.B. im Artikel 161 und Artikel 158 postuliert: „Eigentum verpflichtet gegenüber der Gesamtheit. Offenbarer Missbrauch des Eigentums- oder Besitzrechts genießt keinen Rechtsschutz.“

Beitrag für das Echinger Forum vom Ortsverein Eching

Doch wie sieht die gelebte Verfassungswirklichkeit aus? Sind wir da immer noch „in guter Verfassung“? Im vergangenen Jahr hat uns die Landtagsmehrheit auf eine Leitkultur verpflichtet. Was das konkret sein soll, eine „Leitkultur“, weiß niemand, auch die Landtagsmehrheit nicht. Die Verfassung kennt den Begriff jedenfalls nicht, ebenso wie das Grundgesetz. Beide, Verfassung und Grundgesetz, sind kulturoffen in dem Sinne, dass sie Kultur als einen dynamischen Prozess verstehen und mit ihren Grundsätzen die Basis für kulturelle Vielfalt liefern. Eine Verpflichtung auf die Verfassung würde folglich Sinn ergeben und zudem mit der Verfassung in Einklang sein.

Leider geht der Weg unserer Regierenden in München in die rechtspopulistische Abseitsstellung weiter. Die Frage nach einem angemessenen Umgang mit den Flüchtlingen wird zum rhetorischen Großsegel umgenäht, mit dessen Hilfe man, so hat es den Anschein, rechts an der AfD vorbeiziehen möchte. Aus der Verwilderung der Sprache (Flüchtlingstsunami, Asyltourismus, Staatsnotwehr, usw.) ist bereits eine Verwilderung des Handelns geworden. Der Bundesinnenminister stilisierte die Abschiebepraxis, von ihm selbst als Micky-Maus-Problem bezeichnet, wochenlang zur Existenzfrage für die GroKo in Berlin und für ganz Europa hoch – dabei ähnlich rüpelhaft im Auftreten wie Donald Trump. Seinen angekündigten Rücktritt machte er allerdings nicht wahr, was dann ja auch wieder in die Reihe passt.

Im Gleichschritt mit den Rechtspopulisten in ganz Europa und insbesondere mit dem autoritären Regierungschef Ungarns wird stattdessen eine Politik der Abschottung propagiert. Menschen, die unter Gefahr für das eigene Leben Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten, werden kriminalisiert und als Teil des Schlepperunwesens gebrandmarkt. Geht's noch? Es kann doch nicht unser Anspruch sein, tausende Menschen wissentlich im Mittelmeer ertrinken zu lassen.

Zugegeben, die große Zahl der Flüchtlinge auf dieser Welt, und in Europa kommt nur ein kleiner Teil davon an, stellt eine riesige internationale Herausforderung dar. Das darf uns aber von den übrigen Aufgaben nicht ablenken – national (Wohnungsnot, Ausbau der Sozialsysteme, gerechte und zukunftssichere Gestaltung der Arbeitswelt) wie international (Klimaschutz, Artenschutz, Friedenssicherung, gerechtere Weltordnung). Nationalistische Konzepte sind dabei kontraproduktiv. Auch wenn's pathetisch klingt: SPD-Die beste Rechtsschutzversicherung!

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